Diversity 4.0 - Digitalisierung braucht Diversity
Starke Thesen bei der Keynote von Ulrich F. Schübel beim Forum „Diversity und Digitalisierung“ des Demografie Netzwerks Rheinland
Für den Netzwerknachmittag des ddn Rheinlandes bei Gastgeberin IHK Düsseldorf am 25. Juni 2018 haben wir uns endlich einmal das mittlerweile viel - aber aus unser Sicht nie wirklich systematisch - diskutierte Pas de deux „Diversity und Digitalisierung“ zur Brust genommen. Seine 20 Minuten Vortragszeit hat unser Institutsleiter Ulrich F. Schübel demzufolge dafür genutzt, das Thema einmal strukturiert aufzurollen. Es ging um „Digitalisierung als Produkt“, „Digitalisierung als Prozess“ und die jeweiligen Wechselwirkungen mit Diversity.
Digitalisierung als „Produkt“ tut Diversity durchaus gut und bietet viele Chancen – von Tools und Hilfsmitteln für heterogene Kund*innengruppen (beispielsweise Apps für Menschen mit Behinderung) über mehr Möglichkeiten zur Kollaboration und Vernetzung auch über Grenzen hinweg (etwa per Übersetzungs-Software) bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen (so wie die digitale Verwaltung leichter zugänglich für unterschiedliche Zielgruppen wird). Diversity bekommt also durch die digitale Welt mehr Raum und Sichtbarkeit – und das nicht nur durch die neuen Emojis in unterschiedlichen Haut- und Haarfarben ;-)
Auf der anderen Seite braucht die Digitalisierung von Produkten die Vielfalt von heterogenen Teams. „Ohne Vielfalt keine disruptiven Innovationen. Denn um Komplexität souverän zu meistern, müssen Unternehmen in der Lage sein, Handlungsvielfalt zu erzeugen. Das beschrieb Ashby schon 1970 in ‚Einführung in die Kybernetik‘.“ Allerdings muss die Vielfalt in den Teams dafür gut gemanagt werden und es braucht den richtigen Mix: "Die gute Mischung macht's: Teams, die in einigen Aspekten vielfältig sind, trotzdem genügend gemeinsame Anknüpfungspunkte haben, nutzen ihre Vielfalt am besten", erklärte Ulrich F. Schübel. Das gilt für Start-Ups, aber ganz besonders für die alteingesessenen Unternehmen, denn nur mit heterogenen Teams und einer diversity-bewussten Unternehmenskultur wird es zukünftig möglich sein, gegen disruptive Angriffe zu bestehen und bei den rasanten Veränderungen mitzuhalten.
„Digitalisierung als Prozess“ hingegen bezieht sich auf die digitale Transformation in der Arbeitswelt. Auch hier tun sich zahlreiche Chancen für Diversity auf: Vom Social Employer Branding (wenn Mitarbeitende auf Plattformen wir kununu ihre Arbeitgebenden selbst darstellen können und Vielfalt somit mehr Gestaltungsmacht erhält) bis hin zu Software für die bias-freie Personalauswahl oder digitale Kommunikation (Unternehmen 4.0, das heißt Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad, verfügen beispielsweise nachweisbar über eine weitaus familienfreundlichere Unternehmenskultur). Mobiles Arbeiten birgt ebenso Chancen für Diversity – auch wenn es mittlerweile Untersuchungen dazu gibt, dass beispielsweise Frauen keineswegs ihre Karrierenachteile durch flexible Arbeitszeiten ausgleichen können, da ihnen bei vergleichbarer Leistung auch im „mobilen Raum“ häufiger als Männern ein geringeres Arbeitsengagement unterstellt wird, so dass ohne eine Veränderung in den Köpfen eine reine Veränderung der „Systeme“ nicht ausreichen wird. Allerdings ist zu hoffen, dass die digitale Transformation dies durch neue Karrieremuster, neue Kompetenzprofile und schließlich eine neue Art der Führung ebenfalls anstoßen wird.
Die Herausforderung bei der Gestaltung der „Digitalisierung als Prozess“: Alte Rollenbilder und Stereotype werden von Menschen in die analoge Welt transferiert. Algorithmen sind nämlich von korrekten Daten abhängig, so dass Maschinen letztlich auch nur das „lernen“, was Menschen ihnen „beibringen“. Künstliche Intelligenz kann also, wenn sie beispielsweise im Recruiting eingesetzt wird, durchaus kontraproduktiv sein, weil sie alte Muster wie „Think manager – think male“ reprodzieren. Auf der anderen Seite hat sie uns Menschen einiges voraus, wenn es um die korrekte Datenverarbeitungskapazität geht. Ein Algorithmus hat schließlich weder Hunger noch schlechte Tage, an denen eine Entscheidung vielleicht eher durch unbewusst Vorurteile (unconscious biases) verzerrt sein könnte.
Fazit und Zitat des Tages aus dem Vortrag von Ulrich F. Schübel: „Digitalisierung ist mit Diversity eng verzahnt und ist Chance und Herausforderung zugleich. Wir werden aber keine Vielfalt in den Unternehmen haben, wenn wir die alten Stereotypen einfach vom Analogen ins Digitale überführen.“
Dem Forum folgte im weiteren Verlauf des Nachmittags auch noch ein Barcamp. Bei dieser Form der „Unkonferenz“ können die Teilnehmenden selbst Workshops gestalten, und da wir „rein zufällig“ einige Exemplare unseres GenderBrettspiels dabei hatten, gab es neben den Workshops „Führung in Zeiten der Individualisierung“, „MobilArbeiten & Diversity“ sowie „Mädchen & MINT“ auch einen „Spielenachmittag“ zum Thema „Frauen & Männer auf der Karriereleiter“.
Wer noch einen Blick in das weitere Programm werfen möchten, kann dies hier tun.